Neandertaler und Höhlenlöwe
MANNHEIM / SIEGSDORF Südlich des Chiemsee liegt die kleine Gemeinde Siegsdorf. 1975 fanden dort zwei Schüler beim Spielen die Knochen eines Mammuts. Zehn Jahre später brachten Grabungen weitere Überreste von eiszeitlichen Säugern zu Tage, unter anderem das Skelett eines Höhlenlöwen. Verräterische Schnittspuren zeigten sich bei der ersten Untersuchung und das Rasterelektronenmikroskop belegte die Vermutung der Wissenschaftler: es sind Spuren des Menschen.
Erst kürzlich gelang Dr. Wilfried Rosendahl von den Reiss-Engelhorn-Museen zusammen mit seinem Kollegen Dr. Robert Darga, dem“Hüter der Knochen von Siegsdorf“ und Leiter des dortigen Naturkunde- und Mammutmuseums, eine neue Datierung des Fundes und damit eine klare Bestimmung des Menschen, der an dem Skelett des Höhlenlöwen seine Spuren hinterlassen hat – der klassische Neandertaler, dessen Anwesenheit im oberbayerischen Alpenvorland damit erstmals belegt werden kann. So gesichert die Datierung auch sein mag, immer noch bleiben spannende Fragen der Wissenschaftler offen: Wie spielte sich diese Begegnung zwischen Neandertaler und Höhlenlöwe ab? Warum haben die Menschen ihm nicht „das Fell über die Ohren gezogen“? Es lässt sich mit Sicherheit sagen, dass das Tier nicht enthäutet wurde. Und warum haben sich die Jäger offensichtlich nur mit ein paar Stücken Fleisch, welche aus dem toten Tier herausgeschnitten wurden, zufrieden gegeben?
Dr. Wilfried Rosendahl hat jetzt die Ergebnisse seiner Untersuchung in „Spektrum der Wissenschaften“Ausgabe 10/2004 veröffentlicht. Rosendahl ist promovierter Geoarchäologe und Kurator an den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Außerdem wirkt er an verschiedenen Forschungsprojekten zum Thema „Mensch, Klima und Umwelt im Eiszeitalter“ mit.
Autor: Dr. Hans-Jürgen Buderer