Meghalaya/Indien
Höhlenforschung im Land der Wolken
Bereits seit 1992 finden europäische Expeditionen nach Meghalaya statt, zuvor war das Land einige Jahre aufgrund politischer Unruhen für Ausländer nicht zugänglich. Die Forschungen laufen meist mit englisch-deutsch-indischer Beteiligung, es sind jedoch (vor allem in den letzten Jahren) auch Teilnehmer aus weiteren Ländern (z. B. Österreich, Schweiz, USA) dabei. Stets sind auch Mitglieder der in Shillong ansässigen Meghalayan Adventurers Association (MAA) dabei, sie sind sowohl in der Vorbereitung als auch in der tatsächlichen Forschungsarbeit unverzichtbar. Simon Brooks aus England und Daniel Gebauer sind die Leiter und Über-Blicker der Touren. Für Vorbereitung und Koordination vor Ort ist Brian Karpran-Daly der Ansprechpartner.
Trotz dem sehr wohl vorhandenen Expeditionscharakter der Touren ist es vor allem die Unterstützung der MAA und von Brian, die es den meisten Teilnehmern mit limitiertem Zeit- und Geldbudget überhaupt erst ermöglicht, solch eine Tour zu unternehmen.
Weitere Informationen zu diesen Expeditionen finden sich vor allem im „Abseiler“, in den „Verbandsnachrichten“ des VDHK und seit neuestem in den „Berliner Höhlenkundlichen Mitteilungen“ der letzten Jahre.
Mehrere Mitglieder der Arge nahmen an insgesamt 5 Expeditionen nach Meghalaya teil.
Geologie
Im Norden von Bangladesh und südlich von Assam erhebt sich das Shillong Massiv, das zum Großteil aus grobkörnigen Graniten und gebänderten Gneissen aus dem Präkambrium aufgebaut ist. Die auflagernden Schelfsedimente des Tethysmeeres sind aus paläozenen und eozänen Schichten aufgebaut und bestehen hauptsächlich aus alternierenden Sand- und Kalkgesteinen mit dünnbankig eingeschalteten Kohleflözen, Schiefer- und Mergelschichten. Im Verlauf der Himalaya-Aufwölbung wurde zuerst der Osten und später der Westen zu Land, die Schichtstärke und -vielfalt nimmt tendenziell von Osten nach Westen ab.
Karst- und Höhlen
Im Gebiet von Cherrapunji und Mawsynram fallen die höchsten durchschnittlichen Niederschlagsmengen auf der ganzen Erde, nämlich knapp 12.000mm pro Jahr, das sind 12 Meter Wasser auf jeden QM (zum Vergleich: Tübingen hat ca. 750mm durchschnittlichen Jahresniederschlag)! Dieser Wasserreichtum, gepaart mit einem subtropischen Klima, deutet an, welches Verkarstungspotential dieses Gebiet aufweist. Und in der Tat: Mit Stand Ende 2009 sind über 1.200 Höhlen in Meghalaya bekannt und über 330 Höhlenkilometer sind vermessen. Die längsten Höhlen sind über 20 Kilometer lang, es handelt sich hauptsächlich um Flußhöhlen. Und nach wie vor sind viele potenzielle Höhlengebiete noch nicht mal erkundet, geschweige denn erforscht. Arbeit für viele Generationen von Höhlenforschern!
Höhlen-Biologie
Während man auf dem Weg zu den Höhlen trotz der reichlich vorhandenen, subtropischen Vegetation kaum Tiere zu Gesicht bekam, war dies in den Höhlen ganz anders. Die Expeditionen finden immer im Februar, in der Trockenzeit, statt, wenn die Tierwelt des Dschungels „Trockenschlaf“ hält. Weil in dieser Jahreszeit in den Höhlen aber immer noch genug Wasser vorhanden ist, haben sich viele Waldbewohner in die eingangsnahen Regionen der Meghalayahöhlen zurückgezogen. Wir begegneten dort Ruderfröschen, Schlangen (Lanzenottern) und Ratten.
Aufgrund der jährlichen Monsunniederschläge werden die Höhlen dort reichlich mit Totholz und anderer Biomasse aus dem Dschungel angereichert. Außerdem beherbergen nicht wenige Meghalayahöhlen große Fledermauskolonien, welche den Höhlenboden mit ihrem Guano versiegeln. Dies sind Voraussetzungen für eine Nahrungskette mit vielen interessanten Protagonisten, welchen wir ständig auf unseren Vermessungstouren begegneten.
Am auffälligsten waren riesige Spinnen, welche auf den Höhlenwänden nach Beute lauerten, überall dort, wo es genügend Höhlengrillen gab. Der Boden unter den Fledermauskolonien wimmelte vor Tausendfüßern, Asseln und Schaben. Aber auch in den Höhlengewässern tummelte sich Leben. Neben Krebsen fanden sich dort Krabben und sogar blinde Fische.
Seit 1999 haben wir deshalb auch mit der Erforschung der Tierwelt in den Meghalayahöhlen begonnen. Dabei wurden einzelne Exemplare verschiedener Kleintiere, hauptsächlich Spinnen, Grillen, Schaben, Käfer etc., gefangen und in Alkohol fixiert. Von Deutschland aus wurden diese dann an verschiedene Wissenschaftler zur Bestimmung und Bearbeitung verschickt.
Als Ergebnis konnten bisher schon 2 neue Tierarten beschrieben werden, die nur in den Höhlen Meghalayas vorkommen. Es sind dies ein Fisch, die blinde Höhlenschmerle Schistura papulifera und die Riesenkrabbenspinne Heteropoda fischeri. Es kann noch viele Jahre dauern, bis alle Tierexemplare bestimmt und bearbeitet worden sind. Mit Sicherheit werden bei dem Material noch einige bisher unbekannte Tierarten dabei sein.
Außerdem wurde bei diesen Untersuchungen festgestellt, dass die Höhlentierwelt in Meghalaya schon sehr alt sein muss. Die Reduktion der Augen und die Verlängerung der Gliedmaßen ist bei einigen Höhlentieren sehr weit fortgeschritten. Dies bedeutet, dass sie schon seit sehr vielen Generationen in den Höhlen leben müssen.
[Thilo Müller&Christian Fischer; Stand: 4/2012]
Einige Links zum Thema Höhlenforschung in Meghalaya |
Meghalaya-Wiki vom „Abode of the clouds“-Forscherteam |
Überblicksartikel zur Höhlenbiologie in Meghalaya, Dezember 2008 |
Höhlenforschung in Meghalaya (engl. Wikipedia) |
Berichte auf der Seite des HHV Laichingen |
Meghalayan Caves |
Exploring Caves |
Caves of Meghalaya im cave-biology-forum |
Meghalaya Tourism, Caves |
Probleme zwischen Höhlenforschern und Kohlearbeitern |
Amerikanischer Bericht einer Expedition |
Berliner Höhlenkundliche Berichte: Band 33 (Meghalaya Überblick), Band 35 (Garo Hils) und Band 42 (West Khasi Hills) |
Abseiler |
Bericht über Sandsteinhöhlen |
Zu diesem Thema gibt es in unseren Publikationen folgende Beiträge: |
Jahresheft 2009, Robert Winkler: Meghalaya 2009 |
Jahresheft 2005, Herbert Jantschke: Höhlenforschung in der Heimat der Wolken |
Jahresheft 1995, Daniel Gebauer & Andre Abele: Krem Um Lawan – im Karst des Wolkenlandes |