„Höhlen sind die Täler des Karstes“
Grabenstetten. Wenn die Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten zum jährlichen Informations- und Gästeabend in die Falkensteinhalle lädt, dann ist das Garant für ein spannendes Vortragsprogramm aus dem Bogen zwischen Abenteuer und Wissenschaft. So auch am Samstagabend. Rund 250 Gäste ließen sich mitnehmen auf eine Reise in den Karst der Frankenalb, wo die Karstgruppe Mühlbach (KGM) seit 1998 sehr professionell das mittlerweile zehn Kilometer lange System der Mühlbachquellhöhle in allen wissenschaftlichen Disziplinen erforscht. KGM-Vorsitzender Dieter Gebelein und Dr. Christian Schöffel hatten dazu Bilder und Filme mitgebracht, die selbst erfolgsverwöhnte Speläologen (Höhlenkundler) der Schwäbischen Alb erstaunen ließen. Und da die Mühlbachquellhöhle als aktive Flusshöhle sehr viel Ähnlichkeit mit der Falkensteiner Höhle unter Grabenstetten aufweist, war zu diesem Abend auch der über 90-jährige Höhlenpionier Walter Eisele aus Linsenhofen angereist. Er zeigte sich sehr beeindruckt von dem Vortrag der Gäste aus Franken. Nach Eisele ist ein Versturz in Falkensteiner Höhle benannt, der bis Silvester 1977 nach 2700 Metern das Höhlenende bildete. Mittlerweile ist die Heim- und Haushöhle der Arge Grabenstetten ja auf über 5000 Meter erforscht.
Was allerdings das System in der Frankenalb zu bieten hat, davon können die Freunde der „Falki“ nur träumen. Die Mühlbachquellhöhle zählt mittlerweile zu den zehn längsten Höhlen Deutschlands. „Im Inneren des Berges verzweigt sie sich in zwei Teile: den Ostgang, der den Löwenanteil des Wassers liefert und der nach einer Siphonkette mit insgesamt 670 Meter Tauchstrecke an einem Deckenniederbruch endet, und dem Nordgang, der sich seinerseits wieder in zwei Äste verzweigt“, erläutert Christian Schöffel. Die Zuhörer erfahren, wie systematisch man bei der Suche nach diesem System vorgegangen ist, weil man durch den relativ kleinen Quelltopf nicht in die Gänge eindringen konnte. Letztlich wurde sogar ein 60 Meter langer Stollen gegraben, immer einem Luftzug folgend. Alte Aufzeichnungen von Jahrhunderthochwassern ließen sich die Forscher sehr sicher sein, dass sie auf der richtigen Spur waren, denn „Höhlen sind die Täler des Karstes“, sagt Dieter Gebelein.
„Um die Höhle zu erforschen, zu dokumentieren und wissenschaftlich zu bearbeiten, finden regelmäßig Forschungsfahrten statt. Durch das Zusammenwirken zahlreicher Wissenschaftler und spezialisierter Höhlenforscher, aber auch durch die Kooperation mit verschiedenen Institutionen, kann so ein Gesamtbild der Höhle gezeichnet werden, das in vielen Bereichen den bisherigen Wissensstand über den Untergrund der Fränkischen Alb revolutioniert“, lassen die Höhlenkundler wissen. Und immer wieder werden sie durch Neuentdeckungen belohnt. Weil teilweise in großer Tagferne gearbeitet wird, wurden Biwaks eingerichtet. Und die Tüftler und Ingenieure im Verein haben es mittels Eigenbau-Antenne und Langwellensender geschafft, im Biwak sogar ein Mobiltelefon mit eigener Rufnummer ins Handy-Netz einzubinden. „Da kann man anrufen, geht aber nur selten einer ran“, lacht Gebelein. Von soviel Erfindergeist ist auch Höhlenpionier Walter Eisele sehr angetan, der in den 1950er Jahren auf der Alb mit Magnet-Ortungen experimentierte.
Für die Zuschauer im Saal gab’s zum Abschluss des Vortrags noch einen virtuellen Flug durch die Höhle, diese Animation berücksichtigt nach Angaben des Wissenschaftler Christian Schöffel sogar die kleinsten Details. Er und sein Höhlenkamerad Gebelein unterstreichen immer wieder, dass die Forschungserfolge nur durch sehr großen Teamgeist und Zusammenhalt zu erreichen sind. Denn viele der etwa 50 KGM-Mitglieder werden vermutlich niemals die entferntesten Teile der Höhle mit eigenen Augen sehen.
Die Besucher des Gästeabends hingegen bekamen noch eine Menge anderer Dinge zu sehen, so beispielsweise eine 3D-Höhlenbilder-Show von Andreas Schober, eine Ausstellung zu Grabungen in der Föhner-Quelle im oberen Echaztal. Zudem wurde jede Menge an Equipment und Literatur in der Halle angeboten, so dass fast der Eindruck einer kleinen Messe entstand. Fritz Mammel, Vorsitzender Arge Grabenstetten, freute sich über den neuerlichen Erfolg des Gästeabends. ra