Fledermäuse stoppen Rodungsaktion der Bahn bei Stuttgart 21
STUTTGART Die Deutsche Bahn darf unter Androhung eines Zwangsgeldes auf dem Stuttgart-21-Gelände vorerst keine Bäume mehr fällen, weil dort seltene Tiere leben. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa (Deutsche Presseagentur) verfügte das Eisenbahnbundesamt (EBA), dass die Abholzung im Mittleren Schlossgarten einzustellen sei. Zunächst müsse die DB Projektbau einen Plan zum Schutz von Juchtenkäfern und Fledermäusen vorlegen und eine Entscheidung des EBA hierzu abwarten. Bei einer Zuwiderhandlung ist ein Zwangsgeld in Höhe von 250 000 Euro angedroht.
Bei Bahn und EBA war am Donnerstag zunächst niemand für eine Stellungnahme erreichbar. Das Stuttgart-21-Kommunikationsbüro hatte aber ohnehin schon vor einigen Tagen angekündigt, dass die Rodungsarbeiten im Mittleren Schlossgarten zunächst abgeschlossen seien: Bis Herbst 2011 würden keine weiteren Bäume mehr entfernt.
Das EBA in Bonn hatte schon vor dem Fällen der ersten 25 Bäume am Donnerstag vor einer Woche naturschutzrechtliche Zweifel angemeldet. Dennoch waren diese Bäume am Tag darauf unter massiven Polizeischutz abgeholzt worden. Bei den Ausschreitungen wurden hunderte Demonstranten und Dutzende Polizeibeamte verletzt. Nach dpa- Informationen hatte es am Abend vor der Abholzung rege Gespräche zwischen EBA und Bahn gegeben.
Doch die Zweifel bei der EBA blieben, wie das neue Schreiben vom vergangenen Dienstag nun nahelegt. Daraus geht auch hervor, dass Juchtenkäfer laut einem Gutachten in insgesamt noch sieben Bäumen leben. Auch Fledermäuse sollen danach gefährdet sein: Die Bahn müsse
deshalb sicherstellen, dass „keine Fledermäuse in Höhlen und Spalten der zu fällenden Bäume vorhanden sind.“ Die Bundesbehörde verlangte von der Bahn zudem einen verbindlichen und konkreten Bauzeitenplan bis zum 13. Oktober. Der Deutschen Bahn ist laut EBA-Schreiben seit
mindestens Januar 2010 bekannt, dass Juchtenkäfer auf dem Areal von Stuttgart 21 siedeln.
Nach dpa-Informationen war das Verwaltungsgericht Stuttgart von der Deutschen Bahn nicht über das Schreiben vor der Rodung informiert worden. Das Gericht geht seither der Frage nach, warum „entscheidungserhebliche Informationen“ nicht vorgelegt wurden. Denn: Zeitgleich lag beim Gericht ein Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit einer einstweiligen Anordnung vor, die Baumfällarbeiten zu stoppen.
Die Frage ist nun, ob das Verwaltungsgericht über den Eilantrag des BUND sofort entschieden und die Rodung möglicherweise verhindert hätte, wenn es die Zweifel des Eisenbahnbundesamtes gekannt hätte. „Bei zutreffender Information des Richters wäre mit einem Stopp der Fällarbeiten durch das Gericht zu rechnen gewesen“, betonte der BUND am Donnerstag. Die Bahn habe die Bedenken des Eisenbahnbundesamtes „in den Wind geschlagen“.