Weiterhin bei Schauhöhlen mitgestalten
BÖTTINGEN / GRABENSTETTEN (ra) Mit großer Mehrheit haben die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten einen Antrag ihres früheren Vorsitzenden Christoph Gruner verworfen, wonach der Verein die Erschließung von weiteren Schauhöhlen auf der Schwäbischen Alb ablehnen soll. Dennoch wird dem Höhlenschutz weiterhin höchste Priorität eingeräumt.
Selten wurde in der 1973 gegründeten höhlenkundlichen Vereinigung so sachlich, fair aber mit sehr viel Fachkompetenz diskutiert wie am Samstagabend bei der Hauptversammlung in Münsingen-Böttingen (Kreis Reutlingen). Fast ein Drittel des 140 Mitglieder zählenden Vereins hatte sich dazu eingefunden, um vor allem über einen Antrag des früheren Vorsitzenden Christoph Gruner aus Grabenstetten zu entscheiden. Dieser hatte den Höhlenverein dazu aufgefordert, die Erschließung beziehungsweise den Ausbau wilder Höhlen zu Schauhöhlen auf der Schwäbischen Alb abzulehnen (wir berichteten).
Dieser Antrag bildete insofern Zündstoff, weil die Arge Grabenstetten mit sehr viel Einsatz die dem Blauhöhlensystem zugehörige „Vetterhöhle“ bei Blaubeuren erforscht und momentan von der Stadt Blaubeuren bei den Überlegungen zur Erschließung eines Teils dieses Systems zur Beratung herangezogen wird. Andererseits sehen sich die organisierten Höhlenforscher Deutschlands durch Eigenverpflichtung und eine von ihren Dachverbänden verfasste Ethik im höchsten Maße dem Höhlenschutz verbunden, was in einer langen, sehr diszipliniert geführten Diskussion mehrfach zum Ausdruckt gebracht wurde. Einhelligkeit herrscht darüber, dass jede Höhle durch eine Erschließung, ja bereits durch das Betreten des Menschen verändert wird.
Während Gruner seinen Antrag mit dem Argument untermauerte, nicht jeder Mensch müsse in eine neue Höhle wie auch nicht jeder auf einen 8000er im Himalaja müsse, hielten ihm die Gegner des Antrags vor, dass eine Schauhöhle, beispielsweise in Blaubeuren mit oder ohne Arge Grabenstetten komme, wenn das die Kommune wolle. Solange die Arge Grabenstetten am Projekt beteiligt sei, habe sie auch den „Einfluss, etwas Sinnvolles daraus zu machen“, sagte beispielsweise Boris Neugebauer, der selbst bei der Unteren Naturschutzbehörde in Reutlingen beschäftigt ist. Man dürfe nicht in Ideologie abrutschen.
Markus Boldt (Schelklingen) verwies darauf, dass der Verband der Deutschen Höhlen- und Karstforscher (VdHK) momentan überlege, ein Institut zu gründen, das kommerziell solche Beratung vermarkte. Thilo Müller aus Tübingen bemerkte, dass der Verein nicht kategorisch Schauhöhlenerschließungen ablehnen könne, sondern zumindest in jedem Einzelfall prüfen müsse. Man dürfe sich Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten nicht nehmen lassen. Und die für zwei Jahre wiedergewählte zweite Vorsitzende Petra Boldt (Schelklingen) verwies auf das große Vertrauen zwischen Stadtverwaltung Blaubeuren und Arge Grabenstetten: „Wir haben die riesige Chance, ein Musterbeispiel an Schauhöhle zu gestalten und der Bürgermeister von Blaubeuren unterstützt dies. Wir müssen zu unserer Verantwortung stehen und die Höhle schützen“. Die Mehrheit bei der Hauptversammlung schloss sich dieser Haltung an, Gruners Antrag hatte keine Chance.
Ein zweiter Antrag von Martina Boldt (Tübingen) wurde in modifizierter Form angenommen, demnach brauchen Schüler, Studenten und Auszubildende, die den entsprechenden Nachweis erbringen, bis maximal zum 27. Lebensjahr keinen Mitgliedsbeitrag mehr zu bezahlen. Damit will der Verein unter anderem den Nachwuchs fördern. Gleichzeitig wird von den Jungmitgliedern aber erwartet, dass sie sich beim Wochenenddienst an der Falkensteiner Höhle einbringen. Dieser Betreuungsdienst der Arge ist in den letzten Jahren etwas „eingeschlafen“, was ebenfalls zur ausgiebigen Diskussion führte, ohne allerdings eine befriedigende Lösung zu finden.
Neben der erfolgreichen Forschung in der Vetterhöhle waren Arge-Mitglieder auch in der Hessenhaudoline, in der Bärentalhöhle, dem Rappenloch und im Toten Gebirge in Österreich aktiv, wie Forschungsreferent Robert Winkler berichtete. Das System im Schwarzmooskogel habe nach bereinigten Daten eine Gesamtlänge von 58,2 Kilometer informierte Winkler. Auch eine vereinsübergreifende Pumpaktion im Teufelsklingenbröller bei Heubach über Pfingsten sei sehr erfolgreich gewesen.
Im nächsten Jahr wird der Verein wieder ein Jugendforschungslager in Polen organisieren, kündigte Petra Boldt an, die weiterhin für Schulung zuständig ist. Das Archiv des Vereins wurde mittlerweile von Tobias Tränkle (Ulm) im Vereinsheim in Böttingen eingerichtet. Bei den turnusgemäß anstehenden Wahlen kam es zu folgendem Ergebnis: Neuer Vereinskassier ist der 36-jährige Udo Wiezcorek, ein Finanzbeamter aus Elchingen. Andreas Scheurer aus Heroldstatt ist neuer Materialwart, Stefan Messner (Tübingen) künftig für die Koordination der Forschung zuständig.
Autor: Michael Rahnefeld