Zoff unter Höhlenforschern (Bericht der SWP Ulm)
Berichterstattung der Südwest Presse Ulm zur Delegiertenversammlung des Landesverbandes für Höhlen- und Karstforschung (LHK) in Laichingen am 25.02.2012
Laichingen. Ein Mitglied des einen Höhlenvereines hat beim anderen eine Tafel abgerissen und ist per Video-Aufnahme überführt worden. Anlass für heftigen Disput im Landesverband. Auch Schmähbriefe kursieren.
Zuerst schien es eine ganz typische Hauptversammlung zu werden, zu der sich die Delegierten des Landesverbands für Höhlen- und Karstforschung (LHK) am Samstag im Höhlenrasthaus in Laichingen getroffen hatten. Zeigten doch die Berichte der Landesvorsitzenden Petra Boldt (Blaubeuren) sowie aus den Referaten Höhlen- und Fledermausschutz und Jugendarbeit mit Ausbildung, dass die Arbeit des Verbands und der zugehörigen Höhlenvereine in der Öffentlichkeit und bei Behörden zunehmend Anerkennung und Respekt findet. Petra Boldt sagte, es sei eines ihrer großen Anliegen, dass der Schutz der Höhlen mitsamt ihrer Artenvielfalt als wichtiger Beitrag im Naturschutz sowie in archäologischen und geologischen Bereichen anerkannt werde.
Doch gerade bei der Besetzung des Referates Höhlenschutz kam es zum Eklat. Denn als es nach langer Bedenkzeit schließlich einen selbst ernannten Kandidaten gab, war das Feuerwerk entzündet. Just dieser Kandidat, ein Mitglied des Höhlenvereins Blaubeuren, war vom Kahlensteiner Höhlenverein mittels einer in der Kahlensteinhöhle installierten Kamera dabei überführt worden, wie er sich am Tor der Höhle und im Eingangsbereich zu schaffen machte und dort eine Info-Tafel zerstörte.
Der Verein aus Bad Überkingen hatte diese Kamera angebracht, weil es in der Vergangenheit immer wieder zu Beschädigungen im verschlossenen und vergitterten Eingangsbereich der Höhle gekommen war. Mit den Beweisfotos erstatteten die Höhlenforscher aus dem Filstal Anzeige. Der besagte Kandidat für den Posten des Höhlenschutzreferenten ist nach entsprechenden Ermittlungen mittlerweile mit einer Geldstrafe belegt worden, wie die Vertreter aus Bad Überkingen wissen ließen.
Beschuldigungen und verbale Attacken in einer äußerst emotionsgeladenen Atmosphäre wurden ausgetauscht. Die Landesvorsitzende Petra Boldt, Mitglied des Blaubeurer Höhlenvereins, bei dem ihr Mann, Markus Boldt, Vorsitzender ist, wurde herb von den Delegierten aus Bad Überkingen kritisiert. Sie verharmlose die Sache, so der Vorwurf, und sie solidarisiere sich mit dem Blaubeurer Kandidaten. Dieser aber habe nach seiner Tat im Landesverband nichts mehr zu suchen, wurde gefordert. Die Delegiertenversammlung war sich daraufhin einig, die Kandidatur zum Höhlenschutzreferenten nicht anzunehmen. Das Amt bleibt vorerst unbesetzt. Auch erklärte sich die Versammlung – mit Ausnahme des Blaubeurer Höhlenvereins – uneingeschränkt solidarisch mit dem Kahlensteiner Höhlenverein. Dessen Delegierte hatten sich wiederum bei der Entlastung der Landesvorsitzenden der Stimme enthalten.
Der Kahlensteiner Höhlenverein berichtete während der Delegiertenversammlung über eine Häufung von Schmähbriefen in den vergangenen rund zwei Jahren und forderte auf: „Jetzt ist Einigkeit gefragt und der Landesverband sollte eine klare Stellung beziehen.“ Mit „niveaulosesten“ Vorhaltungen und Beschimpfungen aus der „untersten Schublade“ setzten der oder die anonymen Schreiber den Vereinen, oftmals auch konkreten Personen, zu, verlas der Delegierte aus Bad Überkingen aus einer Stellungnahme seines Vereins und zitierte dabei Stellen aus einigen dieser Briefe. So werfen der oder die Autoren den Betroffenen Fehlverhalten beim Höhlen- und Fledermausschutz vor und unterstellen bei manchen Aufschriften an Höhleneingängen oder Vereinsheimen neonazistisches Gedankengut.
Schmähbriefe seien sogar an kommunale Behörden, den Landes- und den Bundesverband der Höhlen- und Karstforscher gegangen, berichtete die Landesvorsitzende Petra Boldt. Dabei versteckten sich der oder die Autoren hinter der Anonymität und scheuten sich nicht davor, Namen fremder Personen zu verwenden, sagte Boldt. Erschreckend für die Vereine sei zudem die Tatsache, dass die Inhalte der Briefe erkennen lassen, dass es sich um eine Person oder einen Personenkreis handelt, der beste Kenntnisse in der Höhlenforschung besitzt – so wie man sie nur als Insider haben könne, betonte der Delegierte des Kahlensteiner Höhlenvereins. Eine räumliche oder thematische Eingrenzung, die eventuell zum Täterkreis führen könnte, werde aus den Schreiben nicht ersichtlich, sagte Petra Boldt.
Dennoch scheinen viele Mitglieder Zusammenhänge zwischen diesen Schmähbriefen und diversen Sachbeschädigungen an ihren Höhlen und Einrichtungen zu erkennen, wie die Diskussion deutlich machte. Der Höhlen-Landesverband will jedoch, solange keine Täter ermittelt sind, still halten. Eine klare Stellungnahme, wie zu Beginn der Versammlung von manchen Delegierten gefordert, gab der Landesverband bis zum Ende der Sitzung nicht ab.
Autorin: Sabine Graser-Kühnle