Sie waren keine blutrünstigen Primitiven
LONDON Vor mehr als 30 Jahren veröffentlichte Jean M. Auel ihre erste Geschichte über das Steinzeitmädchen Ayla. Drei Millionen Mal verkauften sich die Geschichten der mutigen Steinzeitfrau auf der Suche nach ihrem Platz im Leben allein in Deutschland, meldet die Nachrichtenagentur dpa. Am heutigen Dienstag, 29. März, wird – sehnsüchtig erwartet von Fans in aller Welt – der letzte Band veröffentlicht.
Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erzählt die 75-jährige Autorin, wie man über die Steinzeit schreibt und wie es sich anfühlt, nach 30 Jahren die eigene Heldin zu verabschieden.
Ihre Bücher spielen vor rund 30 000 Jahren und erzählen die Geschichte einer jungen Frau in der Welt von Urmenschen und Neandertalern. Wie sind sie auf die Idee gekommen, gerade über die Steinzeit zu schreiben?
Auel: „Ich habe mit 18 geheiratet und fünf Kinder bekommen, bevor ich 25 war. Irgendwann waren die Kinder aus dem Haus, mein Studium abgeschlossen – und ich hatte Zeit. Eines Abends kam mir diese Idee: für eine Kurzgeschichte. Ich wollte über eine junge Frau schreiben, die mit Menschen zusammenlebt, die anders sind als sie selbst. Ich habe mich dann an meine Schreibmaschine gesetzt, aber um ein oder zwei Uhr morgens dachte ich: Das macht Spaß, aber ich habe keine Ahnung, worüber ich hier schreibe. Am Morgen habe ich dann in ein Lexikon geschaut und entdeckt: Es gab tatsächlich eine Zeit, in der es zwei verschiedene Arten von intelligenten Menschen gab.“
Ihre Urmenschen denken und fühlen wie moderne Menschen. Glauben Sie nicht, dass die Menschen in der Steinzeit eher mit Überleben beschäftigt waren als mit Liebe, Eifersucht und Saufgelagen?
Auel: „Heute lernen wir schreiben. Die Steinzeitmenschen haben gelernt, wie man in der Wildnis überlebt. Das heißt aber nicht, dass sie weniger menschlich waren als wir. Unser Bild von Urmenschen ist leider von Hollywood-Klischees geprägt. Die Wissenschaft sieht das ganz anders. Die Urmenschen sind unsere Ur-Ur-Ur-Ur-Großeltern. Sie hatten Mitgefühl und haben für Schwache und sogar für Behinderte gesorgt. Sie waren keine blutrünstigen Primitiven.“