Fledermäuse sind beim Jagen wählerisch
MÜNCHEN Manche Fledermäuse wählen ihre Nahrung zielsicher nach ökonomischen Kriterien aus. Große Hufeisennasen treffen ihre Entscheidung je nach Angebot und verzichten auch mal auf einen kleinen Falter, wenn sie dafür einen großen bekommen können. Das ergab nach einer Meldung der Deutschen Presseagentur (dpa) eine Studie der Universität Tübingen und des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen südwestlich von München, die in den „Proceedings“ der britischen Royal Society erschienen ist.
„Bei uns haben sich die Fledermäuse immer so verhalten, dass sie den Energiegewinn maximiert und gleichzeitig den eigenen Aufwand minimiert haben“, wird bei dpa Erstautor Klemen Koselj zitiert. Ähnliche Studien mit anderen Tieren hätten zu weniger eindeutigen Ergebnissen geführt. Vor allem sei bislang unklar geblieben, ob den Tieren die Unterscheidung ihrer Beute schwerfalle, oder ob sie ihre Auswahl einfach nur nachlässig trafen.
Fledermäuse orten Insekten per Echolot, können mit dem Ultraschall jedoch verschiedene Insektenarten nur bedingt auseinanderhalten. Koselj verglich das mit einem imaginären Supermarkt, in dem alle Nahrungsmittel in nahezu identischer Verpackung verkauft werden, was dem Kunden die Auswahl erheblich erschwert.
In ihrer Studie, so heißt es in dem Agenturbericht weiter, untersuchten die Forscher sechs Exemplare der Großen Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) – einer Art, die in Deutschland fast ausgestorben ist. Anders als andere Fledermausarten kann die Große Hufeisennase die Größe ihrer Beute mit einem speziellen Echo-Ortungssystem unterscheiden.
Koselj simulierte im Labor mit Propellern unterschiedliche Nachtfalter. Ein großer, langsam drehender Propeller warf ähnliche Echos zurück wie ein großer Falter. Ein kleiner, rasch drehender täuschte der Fledermaus hingegen ein kleines Insekt vor. Anstatt eines echten Falters bekamen die Fledermäuse entweder einen großen oder einen kleinen Mehlwurm, der ihnen an einem Faden hängend serviert wurde.
Waren die Zeiträume zwischen dem Auftreten der großen Falter lang – und somit offensichtlich nur wenige große Tiere unterwegs – ließen sich die Hufeisennasen die kleinen Falter nicht entgehen. Denn die Gefahr, beim Verzehr einen größeren Happen zu verpassen, war nur gering. „Es lohnte sich dann nicht, darauf zu pokern, dass eine große Beute vorbeikommt“, wird der Wissenschaftler weiter von dpa zitiert.
Waren die Intervalle aber kurz, was auf viele große Insekten hindeutete, kamen die kleinen Falter mit dem Leben davon. „Wenn die Fledermaus mit der kleinen Beute beschäftigt ist, läuft sie Gefahr, die große Beute zu verpassen“, fasste Koselj das Entscheidungssystem laut dpa zusammen. Dabei hatte jede der aus seiner Heimat Slowenien mitgebrachten Test-Fledermäuse etwas andere, individuelle Kriterien. „Wir konnten nicht feststellen, woran das liegt.“ Die Forscher vermuten jedoch, dass die Tiere beim Fressen unterschiedlich geschickt sind und ihr Jagdverhalten daran anpassen, heißt es in der Agenturmeldung.