Forscher dringen immer tiefer in die Blauhöhle vor
BLAUBEUREN. Jahrelang träumten Forscher davon, trockenen Fußes in die noch immer sagenumwobene Blautopfhöhle zu gelangen. Dieser Traum könnte sich bald auch für Touristen verwirklichen. Und das nicht nur über einen Erkundungsschacht, sondern vielleicht auch einen neuen Höhlenzugang, meldet die Deutsche Presseagentur (dpa).
Die Hessenhauhöhle bei Berghülen (Alb-Donau- Kreis) wird immer tiefer – zumindest auf den Karten: Forscher der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Blaukarst haben die Höhle bis auf eine aktuelle Tiefe von 120 Metern unter dem Schachteingang vermessen. Damit ist sie die tiefste Höhle rund um den sagenumwobenen Blautopf mit seinem faszinierend blau und grün schimmernden Quellwasser aus der Tiefe des Gesteins, heißt es in der Agenturmeldung. Über mehrere Engstellen hatten Hobby-Höhlenkundler den Weg in den „Halbfinalschacht“ entdeckt – er wurde kurz nach der Qualifikation der National-Elf für das Halbfinale entdeckt.
Und die Höhle könnte bis zu 30 Meter weiter in die Erde reichen, sagt Arge-Sprecher Jürgen Bohnert. Denn durch eine Spalte an ihrem vorläufigen Ende ströme Luft, und Steine fallen mehrere Meter tief. Irgendwann, hoffen die Forscher, könnten sie bei ihren Grabungen auf eine Verbindung und damit einen weiteren trockenen Zugang zur Blautopfhöhle stoßen.
Einen wichtigen Schritt in der Erforschung des Blauhöhlensystems hatte eine weitere Forschergruppe vor knapp zwei Jahren gemacht. Damals stießen Mitglieder der Arge Blautopf auf den „Stairway to Heaven“, einen trockenen Zugang zum „Mörikedom“, einer bereits seit 1985 bekannten unterirdischen Halle. „Die Treppe in den Himmel“ beginnt nicht weit unterhalb der Bundesstraße 28, und durch sie gelangt man in Richtung Blautopfhöhle. Sie könnte künftig auch Touristen einen trockenen Eintritt in die Welt der verzweigten Gänge und großen Hallen ermöglichen, die mit ähnlich klangvollen Namen wie „Walhalla“ oder „Äonendom“ locken, schreibt dpa.
Im April 2010 hat die Stadt Blaubeuren deshalb einen 17 Meter tiefen Erkundungsschacht direkt an der Bundesstraße 28 eingelassen. Trockenen Fußes können die Forscher so über den „Stairway to Heaven“ hinab in den „Mörikedom“ gelangen. Bislang hatten sie dazu vom Blautopf aus eine schwierige Tauchstrecke mit gefährlichen Strömungen überwinden müssen. Immer konkreter werden laut dpa seitdem auch die Pläne der Stadt, am Blautopf Schauhöhlen zu errichten.
Der Geologe Ullrich Hundhausen erstellt dazu eine Studie, deren Ergebnisse bis Jahresende vorliegen sollen. Erst wenn feststeht, dass die Höhle stabil ist und keine gefährliche Radon-Strahlung auftritt, soll ein Betreiber- und Finanzierungskonzept erstellt werden. Hundhausen hatte bereits 2008 eine Studie über die trockene Vetterhöhle erstellt, die ebenfalls Schauhöhle werden soll und deren Verbindung mit der Blauhöhle erst vor rund vier Jahren entdeckt wurde. Auch das Bergbauamt Freiburg hatte damals nach Angaben des Bürgermeisters Jörg Seibold grünes Licht gegeben. „Die Bewertung, welche Bereiche Schauhöhle werden, wird eine sehr komplexe Aufgabe“, sagt Hundhausen laut Agenturmeldung. Fest steht bislang nur: Die Größe und die Menge der Tropfsteine übertrifft alle Erwartungen. Die Höhlenlandschaft sei „von größter Schönheit“, wird der Experte von dpa zitiert.
Nicht zuletzt solche Entdeckungen rund um die sagenumwobene Blauhöhle und ihr weit verzweigtes System haben der Höhlenforschung auf der Alb in den vergangenen Jahren einen immensen Aufschwung gebracht. Hobby-Höhlenkundler und Wissenschaftler arbeiten zusammen, um anhand der unterirdischen Systeme mehr über die Erdgeschichte, frühere Klimaverhältnisse und die Entwicklung der Erde zu erfahren. Zu erkunden gibt es noch vieles: Bislang sind erst sieben Kilometer des Blauhöhlensystems vermessen – mehr als 100 Kilometer könnten allein die Hauptgänge unter dem Gestein lang sein. Doch unzählige Forscher haben ihre Neugier auch mit dem Leben oder ihrer Gesundheit bezahlt. Prominentes Opfer ist laut dpa Jochen Hasenmeyer, der den Mörikedom entdeckt hatte und seit einem Tauchunfall querschnittsgelähmt ist.
Von solchen Unfällen lässt sich aber auch der Nachwuchs nicht abhalten: Junge Höhlenforscher kommen im August für zwei Wochen zu einem „Internationalen Ausbildungslager“ in Blaubeuren zusammen, um unter anderem zu lernen, wie man Höhlen vermisst und dies korrekt dokumentiert. Sie hoffen laut dpa darauf, irgendwann einmal ähnlich spannende Entdeckungen zu machen wie die Forscher in der Hessenhauhöhle. Doch bis zum Finale – einer vollständigen Erkundung des Blauhöhlensystems – wird noch einige Zeit vergehen, schließt die Agenturmeldung.