Dem Steinheimer Meteoriten auf der Spur
STUTTGART. Stuttgarter Forscher sind dem Steinheimer Meteoriten auf der Spur. Im Steinheimer Becken auf der Ostalb haben Geologen des Instituts für Planetologie der Universität Stuttgart nach eigenen Angaben überraschende Entdeckungen gemacht. Sie fanden in Bohrkernen, die im Meteorkratermuseum in Steinheim am Albuch (Kreis Heidenheim) gelagert sind, mikroskopisch kleine Partikel, die sie als Reste des Steinheimer Meteoriten identifizieren konnten. Die Gesteinspartikel enthalten ungewöhnliche Eisensulfid-Kristalle und Schmelzkügelchen, sogenannte Sphärulen. Auffällig ist auch der stark erhöhten Gehalt der ansonsten seltenen Metalle Nickel und Kobalt.
„Wir sehen in diesen Elementen die geochemischen Spuren des Steinheimer Meteoriten, der im Miozän auf der Ostalb einschlug. In vielen Eisenmeteoriten sind die Mengenverhältnisse von Nickel und Kobalt typischerweise sehr ähnlich, deshalb glauben wir nun, dass das Steinheimer Becken durch den Einschlag eines Eisenmeteoriten entstand. Interessanterweise zeigen die Gesteine aus dem benachbarten Nördlinger Ries eine solche Meteoriten-Signatur nicht, allgemein wird dort ein Steinmeteorit als Ries-Impaktor angenommen“, sagt der Stuttgarter Impaktforscher (Impakt = Einschlag eines Himmelskörpers) Martin Schmieder. „Momentan deutet also vieles darauf hin, dass Nördlinger Ries und Steinheimer Becken durch den Einschlag zweier völlig unterschiedlicher Meteorite entstanden sind. In einem solchen Einschlags-Szenario erscheint es uns sehr plausibel, dass ein etwa ein Kilometer großer Stein-Asteroid mit einem rund einhundert Meter großen Eisen-Mond als kosmisches Doppelgeschoss die Erde traf. Ein solch außergewöhnliches Naturereignis bei uns in Süddeutschland nachzuweisen wäre nicht nur regional ein naturwissenschaftlicher Paukenschlag“, ergänzt Elmar Buchner, Leiter des Fachbereichs Impaktforschung der Universität Stuttgart. „Alternativ wäre es allerdings auch denkbar, dass die beiden Meteoritenkrater nicht zeitgleich gebildet wurden und rein zufällig so nah beieinander liegen – das gilt es jetzt endgültig herauszufinden“.
Mit Unterstützung durch den Steinheimer Bürgermeister Rainer Schaller, der Gemeinde Steinheim am Albuch mit dem örtlichen Meteorkratermuseum und Gisela Pösges vom Rieskratermuseum in Nördlingen sind derzeit weitere Untersuchungen im Gange, unter anderem die erste radioisotopische Altersdatierung des Steinheimer Beckens. Den Impaktforschern zufolge könnten möglicherweise auch die extraterrestrischen Eisensphärulen, die sie zusammen mit den Geologen Marcel Strasser, Annette Strasser und Jörg Kröchert zuvor in der Laierhöhle und im Mordloch bei Geislingen/Steige sowie in der Laichinger Tiefenhöhle entdeckt haben (wir berichteten ausführlich), im Zusammenhang mit dem Steinheimer Meteoriteneinschlag stehen.
Das Steinheimer Becken gehört, zusammen mit dem Nördlinger Ries, zu den am besten erhaltenen Meteoritenkratern der Erde. Weltweit berühmt ist das Steinheimer Becken außerdem für seine schönen Strahlenkalke und die außerordentlichen Fossilfunde vom Kratersee, der hier im Miozän vor rund 14 Millionen Jahren unter damals subtropischen Klimabedingungen existierte. „Als geologische Besonderheit fasziniert das Steinheimer Becken die Wissenschaftler schon seit über 180 Jahren und war Gegenstand unterschiedlichster Theorien. Wir haben jetzt eine Menge neuer Erkenntnisse zur Entstehung des Steinheimer Beckens gewonnen und bleiben dem Steinheimer Meteoriten weiter auf der Spur“, resümieren Buchner und Schmieder. Ihre wissenschaftlichen Ergebnisse präsentieren die beiden Stuttgarter Forscher dem internationalen Fachpublikum im kommenden Juli auf der Konferenz der Meteoritical Society in Nancy.