Biwak in der „Apokalypse“ und viele Entdeckungen
BLAUBEUREN Über ein erstes Biwak in der Blauhöhle bei Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis) hat jetzt die Südwest Presse Ulm berichtet. Jochen Striebel schreibt in dem Beitrag: „Jochen Malmann und Andreas Kücha schliefen gut in der ‚Apokalypse‘ und fanden während ihrer Tour Höhlenperlen und den ‚Friedhof der Kuscheltiere‘.
Am Sonntag um 10 Uhr tauchten die Spezialisten im Blautopf ab, waren tauchend, kletternd, schwimmend und gehend bis zum 4,5 Kilometer von der Quelle entfernten Endversturz unterwegs und schlüpften nach 13 Stunden anstrengender Bewegung um 24 Uhr in der Höhlenhalle „Apokalypse“ in ihre Schlafsäcke, heißt es im Zeitungsartikel der Südwest Pressse (SWP). „Ich habe super gut geschlafen“, wird Andreas Kücha zitiert. Für ihn und Malmann war es nicht die erste Übernachtung in einer Höhle. Doch bei der Premiere im Blauhöhlensystem war eines anders: Sie lagen nicht frei in der Höhle, sondern in einem Igluzelt. „Das ist eine psychologische Sache. Ich habe im Zelt viel besser geschlafen als draußen“, berichtet laut SWP Kücha. Immerhin scheint die „Apokalypse“ mit ihren 170 Metern Länge, 50 Metern Breite und 50 Metern Höhe für einen am Boden ausruhenden Menschen schier endlos zu sein, heißt es weiter.
Das Zwei- bis Drei-Mann-Zelt, die Iso-Matten, Schlafsäcke, der Gaskocher und die Verpflegung waren teilweise bei früheren Touren in die gut drei Kilometer vom Blautopf entfernte „Apokalypse“ gebracht worden, die erste Hälfte tauchend, die zweite gehend. So kochte Andreas Kücha am Abend ein Drei-Gänge-Menü mit Tomatensuppe, Jäger-Eintopf und Chilly con Carne.
Am nächsten Tag war die Nacht – zumindest nach der Uhr – um 8.15 Uhr vorbei. Als Kücha nach dem Zubereiten des Frühstückstees den Kocher abschaltete, hörte er immer noch ein Summen. Auch Malmann bemerkte, „da war was in der Luft“. Zwar mehrere Stunden vom Tageslicht entfernt und etwa 170 Meter unter der Albhochfläche, waren die Forscher der Zivilisation doch recht nah: Später stellte sich heraus, dass das Geräusch am Montagmorgen wohl von einer Firma im Gewerbegebiet „Steigziegelhütte/B 28“ stammte, die dort Materialprüfungen durchführte, schreibt die SWP.
Auch andere überraschende Momente erlebten Arge-Projektleiter Malmann und Stellvertreter Kücha während der ersten Biwak-Tour, die ja kein Campingurlaub mit Zelt, sondern eine Forschungsreise war. Sie wollten „Fragezeichen abhaken, die wir von früheren Fahrten hatten“. Eine Frage war, ob sich die Blautopfhöhle, die sich mit den Gängen „Urdonau“ und „Blau-Canyon“ Richtung Westen bis zum Endversturz zieht, noch weiter fortsetzt.
Auf der Suche nach einer möglichen Umgehung des Versturzes sahen die Freunde rechts oben einen Seitengang mit Schächten, die nach oben weggehen. Unten liegen zahlreiche Skelette von Tieren. Malmann und Kücha nennen die Passage „Friedhof der Kuscheltiere“. Bei manchen sind noch Fellreste zu sehen. Die spätere Untersuchung bei Tageslicht durch die Biologin und Arge-Angehörige Anke Oertel ergab, dass es sich um Steinmarder handelt. Die müssen irgendwo an der Oberfläche in eine Spalte gekrochen sein, in dem sich nach unten immer weiter öffnenden Schlot den Halt verloren haben und abgestürzt sein.
Die Skelette haben gebrochene Knochen, den Spuren nach müssen manche der Tiere in der Höhle noch einige Zeit gelebt haben. Nach Meinung der Biologin liegen die jüngsten Kadaver erst seit ungefähr zwei Jahren in der Blautopfhöhle, heißt es in der SWP.
In einem großen Schlot, wo die neu entdeckte Passage wieder in den Hauptgang mündet, blickten die Forscher rund 50 Meter weit nach oben, ohne jedoch einen Ausgang zu entdecken. Das hatten sie auch gar nicht erwartet, denn die Überdeckung mit Gestein, das dort wohl nur schmale Spalten aufweist, ist noch etwa 100 Meter mächtig.
Die hinteren Teile der Blautopfhöhle sind bisher nur über die Tauchstrecke vom Blautopf aus zu erreichen. Theoretisch könnten Taucher auch von der zum Blauhöhlensystem gehörenden Vetterhöhle aus im „Wolkenschloss“ abtauchen und hätten dann unter Wasser nur noch die halbe Strecke zu bewältigen. Es wäre aber zu mühsam, die Tauchausrüstung durch die Vetterhöhle zu transportieren.
Hoffnung setzen die Höhlenforscher auf den im Frühjahr entdeckten trockenen Gang „Stairway to Heaven“, der vom Mörikedom aus 270 Meter weit bis knapp unter die Erdoberfläche am Hang bei der B 28 führt und mit einem kleinen Schacht zugänglich gemacht werden könnte. Die wenigen Höhlentaucher, die in der Lage sind, bis zum Mörikedom zu tauchen und in die hinteren Gänge zu gelangen, können das System nicht alleine vollständig erforschen, denn es gibt immer wieder neue Gänge und Besonderheiten zu entdecken und zu vermessen.
Der Ausflug von Kücha und Malmann in den „Friedhof der Kuscheltiere“ hatte nicht nur etwas Makabres. Sie entdeckten neben Skeletten auch bizarre Kalzit-Kristalle, Strudelkolke und helle, in Sinterbecken liegende „Höhlenperlen“, heißt es im Zeitungsbericht. „Das Blauhöhlensystem hat alles an Tropfsteinen, was international bekannte Höhlen zu bieten haben“, wird Andreas Kücha zitiert. Er und Malmann sahen beim „Blau-Canyon“ in neuen Gängen zudem mächtige Wasserfälle, wo der Quellstrom sieben Meter in die Tiefe stürzt und verschwindet.
Nächstes Ziel der Arge Blautopf ist laut Zeitung, zu dritt die neuen Abschnitte zu vermessen. Wieder werden die Forscher in der „Apokalypse“ übernachten. Denn sie haben festgestellt, dass sie nach einer Übernachtung viel konzentrierter ihre Ausrüstung anlegen und zum Blautopf zurücktauchen können, als am Ende einer langen eintägigen Unternehmung.
Nach ihrer ersten Biwaktour tauchten Jochen Malmann und Andreas Kücha am Montagnachmittag wohlbehalten wieder im Blautopf auf, nach knapp 30 Stunden ohne Tageslicht, berichtet Joachim Striebel von der SWP.