„Mauerblümchendasein“ der Vogelherdhöhle angeprangert
HEIDENHEIM Hendrik Rupp hat dieser Tage in der Heidenheimer Zeitung das „Mauerblümchendasein“ der Vogelherdhöhle angeprangert. Er schrieb: „Die Mammut-Premiere ist vorbei, der formatfüllende Titel des ‚Spiegel‘ ist ins Archiv gewandert – doch wer meint, die Vogelherdhöhle und ihre Funde seien wieder in der Versenkung verschwunden, irrt sich gewaltig.
Es ist Sonntag, das Wetter traumhaft – und die Stellplätze am Fuß der Höhle sind samt und sonders belegt. Dutzende von Metern parken die Autos entlang der Straße durchs Lonetal, und es sind nicht die Nachbarn, die ihre Hunde ausführen: Ulmer Kennzeichen und Augsburger, Göppinger und Günzburger und sogar ein Frankfurter Nummernschild findet sich. Der Vogelherd hat Weltruhm erlangt, und wer in der Gegend ist, will sich den Ort anschauen, der so viel Geschichte geschrieben hat.
Dafür gibt es ja auch Stellplätze – adrett gekiest und mit Holz abgeschrankt. Und nebenan findet sich ja auch schon ein neues Schild, in dem man bestimmt… aber nein, da geht es nur um das Radwegenetz der Stadt Niederstotzingen.
Nebenan findet sich das Informationszentrum zur Höhle, doch von Hochglanz ist hier keine Spur. 1931 startete man mit den Ausgrabungen am Vogelherd, und dem Anschein nach kann die Info-Tafel nicht wesentlich jünger sein: Schon reichlich vergilbt und mit schönen, aber etwas antiquarischen Zeichnungen. Das Mammut ist bereits erwähnt, aber sein heutiger Ruhm war eben wohl noch längst nicht erreicht, als man die Tafel aufstellte.
Nun gut, wirklich falsch ist soweit ja noch nichts. Doch ein Schaubild weiter könnte man als Tourist schon in die Falle tappen: Da wird einem nach wie vor das seit 2003 geschlossene Oberstotzinger Schlosshotel ans Herz gelegt, vom nahen Stettener Hotel „Mohren“ wiederum fehlt jede Spur. Was mag der Auswärtige denken, der diesen Gastronomie-Tipps folgt?
Nun denn, weiter zur Höhle. Bergauf geht es über Trampelpfade, die dem Besuch im Januar (trotz besten Wetters) nicht wirklich gewachsen sind. Mit dem Kies hat es am Parkplatz aufgehört, nun wird es schlammiger und glitschiger, mancher Höhlen-Fan taumelt, ehe er am Eingang angekommen ist.
Den erkennt man ganz leicht an der großen grünen Mülltonne – denn Schilder gibt es hier oben nicht mehr. Nicht vor, nicht in der Höhle. Andächtig stauen sich dort die Besucher, schauen zur Decke, als würde sich irgendwann doch noch etwas Spektakuläres zeigen. Irgendwann geht man dann wieder: „Also gut, das war’s dann wohl schon.“
Fairerweise muss man betonen, wie sauber es inzwischen in und um die Höhle zugeht. Keine Spur mehr von den Haufen von Getränketüten und Bierflaschen, an die man sich aus den 80er-Jahren erinnert. Wer immer hier sauber macht, macht sein Handwerk richtig, wovon auch die allein vier weiteren grünen Tonnen um die Grillstelle oberhalb der Höhle zeugen. Allesamt mit frischen Müllsäcken, nebenan eine neue Bank. Aber auch hier kein weiteres Schild, keine Mammut-Skulptur aus Bronze oder was immer man sich beim Aufstieg ausgemalt hat.
Fazit: Dass man sich in Niederstotzingen eine Menge Gedanken darüber macht, wie man mit dem weltbekannten Pfund der Vogelherd-Funde besser wuchern kann, ist mehr als berechtigt. Doch nicht nur die Stadt sollte überlegen, ob man nicht bereits vor dem großen Wurf zu Sofortmaßnahmen greift: Auch der Landkreis hat sich das Mammut auf die Fahnen geschrieben, wirbt auf Touristik-Messen mit den Funden und will Steinzeit-Erlebnis und gar „Jurassic-Park live“ (CMT-Werbespruch). Wer so viel verspricht, sollte an der Vogelherdhöhle auch möglichst schnell etwas mehr halten. Eine neue Schautafel und ein wenig Kies sollten uns Mammut und Co. schon wert sein.“
Autor: Hendrik Rupp