Hochzeit in der tiefsten Höhle der Alb
GEISLINGEN (ra) Einen außergewöhnlichen Ort wählten am Samstag Rainer Rösch und seine Suzan, um sich zu vermählen. Zusammen mit ihrer Hochzeitsgesellschaft und der Standesbeamtin Silke Gösele stiegen sie in die Laierhöhle bei Geislingen/Steige (Kreis Göppingen) ein und besiegelten dort ihre Ehe.
Gut 130 Meter ist sie tief, die Laierhöhle bei Geislingen-Weiler, und damit derzeit die tiefste Höhle der Schwäbischen Alb. Seit über zehn Jahren forscht Rainer Rösch, Mitglied des Kahlensteiner Höhlenvereins, in seiner Freizeit in diesem Karstobjekt. Und für den 44-Jährigen aus Schlat stand schon immer fest: „Sollte ich jemals heiraten, dann in der Laierhöhle“. Seine Auserwählte, Suzan, geborene Knapp, ebenfalls seit bald 20 Jahren im Höhlenverein aktiv, fand diese Idee gut. Am Samstag war Hochzeit.
Noch nicht einmal die Höhlenkameraden wussten es, schmunzelt Rainer Rösch. „Ich wollte keinen großen Bahnhof“, sagt er. Lediglich Dieter Domke, der Vorsitzende der über 50 Mitglieder zählenden höhlenkundlichen Vereinigung mit Sitz in Bad Überkingen, wusste von den Plänen seines Kameraden, schließlich sollte er auch Trauzeuge sein. Zusammen mit seiner Frau Christine schmückte Domke den 17 Meter tiefen Einstiegsschacht der Höhle mit Blumen aus, das so genannte „Amphitheater“ in 25 Metern Tiefe – eine große Höhlenhalle – wurde mit Dutzenden von Teelichtern feierlich beleuchtet.

Am Samstag um 14 Uhr war es dann soweit: Die Hochzeitsgesellschaft, acht Erwachsene und Sinah, die zehnjährige Tochter des Brautpaares, stiegen in die Laierhöhle ein, um die Ehe zu schließen. Die notwendigen Formalitäten hatte das Brautpaar bereits am Vormittag vor Silke Gösele auf dem Standesamt erledigt, sodass der außergewöhnlichen und wohl einmaligen Hochzeit in der Laierhöhle nichts mehr im Wege stand. „Es hat schon ein wenig Überzeugungsarbeit gekostet“, räumt Rainer Rösch ein, um die Standesbeamten im Geislinger Rathaus von dem Vorhaben zu überzeugen. Nach Vorabbefahrungen der Laierhöhle mit Silke Gösele und Ordnungsamtschef Paul Thierer zeigten die Vertreter der Geislinger Stadtverwaltung dann aber durchaus Flexibilität, auch wenn solche Ereignisse doch wohl eher die Ausnahme bleiben.
Eigentlich hätte Rainer Rösch seiner Suzan am liebsten das Ja-Wort am tiefsten Punkt in der Höhle gegeben, doch das wollte er seinen Gästen und der Standesbeamtin dann doch nicht zumuten. Schließlich ist der Weg über die nahezu senkrechten engen Schächte nicht ganz ungefährlich und alles andere als einfach. Aber immerhin haben alle Teilnehmer der Hochzeitsgesellschaft den Abstieg schadlos bewältigt, darunter auch der zweite Trauzeuge, Rolf Dannemann, seines Zeichens Polizist beim Revier Geislingen. Der Brautstrauß, so berichtet Rainer Rösch, wurde in einem Farbeimer in die Tiefe befördert, die Unterlagen der Standesbeamtin ebenfalls in einem Behältnis, sonst wäre wohl alles vom Lehm verschmiert gewesen. Nach gut zwei Stunden war die außergewöhnliche Zeremonie vorüber, Brautleute und Gäste erklommen wieder den Ausstieg ans Tageslicht und kehrten in Weiler zum Hochzeitsmahl ein. Heute erfahren Freunde und Kameraden von der Eheschließung aus der GEISLINGER ZEITUNG.
Autor: Michael Rahnefeld