Enormes Interesse an der Geschichte des Kalktuffs von Seeburg
GRABENSTETTEN (ra) Auf riesiges Interesse stieß der Info- und Gästeabend in der Falkensteinhalle Grabenstetten zum Thema Kalktuff in Seeburg. Die Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten stellte dabei gleichzeitig das 60-seitige Büchlein „Bodenloser See und Schickhardt-Stollen“ vor. Ein Diavortrag über eine Höhlenexpedition in Indien rundete den gelungenen Abend ab.
Strahlende Gesichter bei den Veranstaltern, die immer wieder Tische und Stühle herbeischleppten, um den zuletzt 200 Gästen ausreichend Platz zu bieten. Bereits in seiner Begrüßung freute sich Arge-Vorsitzender Christoph Gruner über das enorme Interesse und verwies auf eine Anfrage per E-Mail aus Australien, in der um das neue Büchlein zur Natur- und Kulturgeschichte im Kallktuff zu Seeburg gebeten werde. Was es mit dem Tuff und der Geologie in der Talspinne von Seeburg auf sich hat, das machte der Autor und Mit-Herausgeber des Büchleins Dr. Wilfried Rosendahl mit einem gut bebilderten Vortrag deutlich. „Seeburg ist seit dem Jurameer eine spannende Geschichte“, sagte der Geo-Wissenschaftler und Kurator der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen, der zusammen mit der Seeburger Ortschaftsrätin Dorothee Sahm-Stotz und einem achtköpfigen Autorenteam die Publikation realisiert hat. Das Büchlein ist Band 2 der neuen Reihe „Kulturgestein“, die im Staatsanzeiger-Verlag erscheint und mit dem Heft über den Böttinger Marmor vor zwei Jahren gestartet wurde.
Kulturgestein ist es im wahrsten Wortsinn, was sich da rund um Seeburg als Kalktuff türmt, durch den schon der alte Baumeister Heinrich Schickhardt 1617 seinen Fischbachstollen treiben ließ, um dem „Bodenlosen See“ das Wasser abzulassen. War man bislang der Auffassung, der See sei durch eine etwa 20 Meter mächtige, sechs- bis achttausend Jahre alte Kalktuffbank gestaut worden, so gibt es nun die Erkenntnis, dass der dauerhaft seit Anfang des 19. Jahrhunderts abgelassene See – zuletzt gut zwölf Meter tief – von einer mindestens 10.000 Jahre alten 36 Meter hohen Barre gestaut worden ist. Noch heute gebe es in Seeburg Pfahlbauten, sagte Rosendahl schmunzelnd und verwies auf die Pfahlgründung neuer Wohnhäuser, die im Gebiet des ehemaligen Sees entstanden sind. Eine Pfahlbohrung und die Untersuchung des Bohrkerns hatte den Wissenschaftlern zu ihren Forschungsergebnissen verholfen, die aber immer wieder auch neue Fragen aufwerfen.
Aber auch auf die Neudatierung der Skelettfunde der „ersten Seeburgerin“ und die Höhlen rund um Seeburg – schon 1823 von Gustav Schwab beschrieben – ging Rosendahl ein. Er verwies immer wieder darauf, was sich aus den Spuren im Tuffgestein für die Wissenschaft ableiten lässt, beispielsweise durch Pollenanalysen oder paläontologischen Untersuchungen. Auch wirtschaftlich hat das Gestein dem heute 370 Einwohner zählenden Teilort von Bad Urach geholfen, sei es durch Wasserkraft oder den Tuffstein-Abbau. Und vermutlich hat sogar schon der Neandertaler die Gegend um Seeburg durchstreift.
Eine ganz andere Kultur und Landschaft stellte abschließend Christian Fischer (Ehingen) vor, der Anfang diesen Jahres auf Höhlenexpedition im Meghalaya („Heimat der Wolken“) in Indien war. Das Gebirge am Golf von Bengalen, bevölkert durch tibetanische und burmesische Gebirgsstämme, ist erst seit den 90er Jahren wieder für Ausländer zugänglich und bietet unter subtropischem Dschungel eine außergewöhnlich bunte und großräumige Höhlenwelt. Vor allem die Biologie in diesen Höhlen, die noch nie zuvor von Menschen betreten wurden, ergibt ein breites Forschungsfeld, erklärte Fischer. Mit eindrucksvollen Dias beschrieb er nicht nur die Faszination Höhle im fernen Indien, sondern auch Land und Leute sowie ihre Kultur.
INFO
Das Buch „Bodenloser See und Schickhardt Stollen“ – Natur- und Kulturgeschichte im Kalktuff von Seeburg bei Bad Urach, 60 Seiten, durchgehend farbig bebildert, Format 21 x 21 Zentimeter, gibt es für 6 Euro u.a. bei der Arge Grabenstetten.