Im Blautopf wird jetzt wissenschaftlich geforscht
BLAUBEUREN (ra) Premiere in Blaubeuren: Am Samstagabend haben Taucher der Arbeitsgemeinschaft (Arge) Blautopf erstmals Bilder aus dem neu entdeckten Gang in der Blauhöhle der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu der Veranstaltung im Rahmen der Sommerbühne kamen gut 700 Gäste.
Bereits im Dezember 2004 war der Heidenheimer Taucher Andreas Kücha zusammen mit seinem Kameraden Salvatore Busche aus Ansbach rund 1400 Meter hinter den Quelltopf getaucht und beim so genannten „Äonendom“ aus dem Wasser gestiegen. Nach der Bewältigung einer etwa zehn Meter hohen Lehmbarriere stand er in einem riesigen Gang mit Dimensionen von gut zehn mal zehn Meter im Profil. Im 35-minütigen Film mit dem Titel „Höhlentauchforschung – auf der Suche nach dem Ursprung der Blau“, den die Gäste der Sommerbühne am Samstagabend zu sehen bekamen, beschreibt Kücha diesen Tunnel als das Größte, was er jemals in einer Albhöhle gesehen habe. In diesen Gang ist er bislang etwa 250 Meter vorgestoßen, aber die Bilder, die er von dort mitbrachte, sprechen für sich. Heller Lehm, der im Foto wie Sand oder Schnee wirkt, und prächtige Sinterformationen beweisen einmal mehr, welch fantastische Großhöhle sich hinter Blaubeuren in den Berg Richtung Laichingen zieht.
Am Rande der Veranstaltungen beschrieb Kücha, wie aufwändig es ist, den riesigen Gang weit über dem Wasserspiegel in der Blauhöhle zu erforschen. Größte Schwierigkeiten bereite zum einen die Tauchausrüstung abzulegen und zu „parken“, zum andern sollten sich die Forscher dann umziehen und mit einer Ausrüstung für Trockenhöhlen weiter in den Berg vorstoßen, was immense logistische Vorarbeit bedeute, die jetzt angepackt werden soll.
In der 16-köpfigen Arge Blautopf, die es seit 1997 gibt, sind zudem laut Projektleiter Michael Schopper bislang nur etwa fünf Spezialisten dazu befähigt, hier tief im Berg weitere Vorstöße zu wagen. Schopper hatte zuvor die Arbeit und Ziele seines Vereins vorgestellt und immer wieder deutlich gemacht, dass die Wissenschaft dabei im Mittelpunkt stehe. Schopper wörtlich: „Wir brauchen die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft“. So werde bei der Erhebung von biologischen, geologischen und hydrologischen Daten beispielsweise eng mit der Uni Stuttgart, der Uni Swansea (Großbritannien), der TU Darmstadt, dem Naturkundemuseum Stuttgart, dem Geologischen Landesamt in Freiburg, der Landesanstalt für Umweltschutz, aber auch mit anderen höhlenkundlichen Vereinigungen wie der Arge Grabenstetten und dem Geowissenschaftler Wolfgang Ufrecht vom Höhlen- und Heimatverein Laichingen zusammengearbeitet. Die Forschungsarbeit im Blautopf erfolgt ehrenamtlich und ist durch die Vereinsmitglieder eigenfinanziert.
KOMMENTAR
Bravo Arge Blautopf! Endlich wurde einmal einer interessierten Öffentlichkeit gezeigt, was wirkliche wissenschaftliche Forschung im Blautopf ist, die sich nicht nur darauf beschränkt, das Alter von Tropfsteinen aus dem Cockpit eines U-Bootes heraus zu bestimmen.
Wissenschaftliche Arbeit am Blautopf, darauf wartet die Höhlenwelt seit zwei Jahrzehnten. Denn Wissenschaft heißt unter anderem neben dem Beweis Zuarbeit, Zusammenarbeit, Auseinandersetzung, konstruktiver Dialog und das Begreifen und Akzeptieren von Erkenntnissen, bisweilen auch das Revidieren und Neuorientieren von Meinungen und Einschätzungen. Durch das Einbinden kompetenter Wissenschaftler aller naturwissenschaftlicher Disziplinen wird die Blautopfforschung endlich auf eine breite Basis gestellt und die gebetsmühlenartige Wiederholung von Thesen hoffentlich bald bewiesen, widerlegt oder relativiert.
Wünschen wir den Tauchern im Blautopf, die jetzt endlich unabhängig ohne Angst um Genehmigungen forschen dürfen, viel Erfolg, gute Kooperationspartner, unfallfreies Tauchen und noch viel Glück bei Neuentdeckungen.
An die Medien sei der Wunsch herangetragen, endlich zu begreifen, dass eine neue Forschergeneration gute Arbeit auf der Schwäbischen Alb leistet und diese der Öffentlichkeit auch zugänglich machen will. Und die deutschen Höhlenforscherverbände müssen endlich kapieren, dass auch der Blautopf zu ihrem Aufgabengebiet zählt.
Michael Rahnefeld