Am Vogelherd wird wieder gegraben
STETTEN OB LONETAL. Die wohl ältesten Kunstwerke der Menscheit stammen von diesem Fundort: Die berühmten aus Mammut-Elfenbein geschnitzten Figuren von Wildpferd, Mammut und anderen Tieren wurden 1931 in der Vogelherdhöhle entdeckt. Seit Dienstag sind am Vogelherd neue Ausgrabungen der Uni Tübingen im Gange, schreibt die Heidenheimer Zeitung.
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Professor Nicholas Conard untersucht das Institut für Ur- und Frühgeschichte – Abteilung für ältere Urgeschichte – in zwei Grabungskampagnen die Abraumflächen der Ausgrabungen vom Anfang der dreißiger Jahre. Damals war ein Teil der Erde, die die Höhle ausfüllte, draußen abgelagert worden. Die Archäologen gehen davon aus, dass wegen der einst praktizierten Grabungstechnik manche Funde im Abraummaterial verborgen geblieben sein könnten. Vor Ort liegt die Abwicklung der Ausgrabungen in den Händen der technischen Grabungsleiterin Maria Malina. Bis Mitte Juni wird sie zusammen mit zwölf bis 14 Studenten sowie Auszubildenden des Berufsfelds Archäotechnik am Vogelherd graben. Untergebracht ist die Gruppe während dieser Zeit im Oberstotzinger Rathaus.
Neue Grabungen bei der berühmten Lonetal-Höhle seien schon lange geplant gewesen, berichtet Maria Malina. Bislang seien diese jedoch am fehlenden Geld gescheitert. Mit Blick auf die Landesausstellung Eiszeitkultur/Eiszeitkunst 2009 in Stuttgart seien jedoch neue Sponsoren gewonnen worden.
Das Grabungsteam hat sich seit seiner Ankunft am Vogelherd vor drei Tagen entsprechend eingerichtet: Zelte wurden aufgestellt, die Grabungsflächen angelegt und eingemessen und die Humusschicht abgestochen.
Inzwischen läuft die Ausgrabung, die etwas anders vor sich geht als in der üblichen Form. Die Erde aus den Flächen wird in gekennzeichnete Säcke von jeweils etwa 16 Liter Inhalt verpackt und zur Ausschlemmung nach Gerhausen gebracht. In einem Steinbruch der Heidelberger Cement AG – einem aktiven Förderer der Ausgrabungen am Hohlen Fels bei Schelklingen – seien die nötigen Siebanlagen und der Wasseranschluss vorhanden, so Maria Malina. Nach einer Erstaufnahme zur Inventarisation werden Funde zur Untersuchung nach Tübingen weitergeleitet.
Eventuelle Funde von gewisser Größe werden separat eingemessen. Rund 50 Einzelfunde, meist wenige Zentimeter groß, sind bislang entdeckt worden – von Steinartefakten über wohl altsteinzeitliche Tierknochen und Zähne von Bären sowie möglicherweise vom Wollnashorn bis zu Elfenbeinstücken vom Mammut. Auch ein kleines Knochenstück, das möglicherweise mit Ritzungen bearbeitet wurde, fand sich schon.
Im Vergleich mit anderen Fundorten sei es auffällig, dass am Vogelherd bisher keine Schmuckfunde gemacht wurden, schildert die Grabungsleiterin. Der große Traum der Ausgräber ist es freilich, im Abraummaterial die fehlenden Fragmente der berühmten Funde von 1931 zu entdecken. das wäre wichtig zur Vervollständigung des bestehenden Inventars, betont Maria Malina. Dennoch ist sie sich über die Wahrscheinlichkeit klar: Es wäre schon ein großer Glücksfall, wenn man hier etwas Besonderes. Von großer Bedeutung könnten aber auch Gebrauchsgegenstände sein.
Die Arbeitszeit der Grabungsmannschaft ist von 8 bis 19 Uhr. Und etwas wetterabhängig ist das Team auch. Sicherheitssorgen bewegen die Grabungsleiterin dagegen kaum: Zunächst hatte ich große Sorgen, doch jetzt kann man das relativ locker sehen. Das Öffentlichkeitsinteresse sei jedenfalls groß – eine ganze Reihe von Besuchern war schon da.
Die zweite Kampagne der Archäologen ist am Vogelherd für das nächste Jahr geplant.
Autor: Klaus Dammann