Bei Eislingen auch Teile von Meereskrokodilen und Haien gefunden
EISLINGEN Das Prädikat „weltweit einmalig“ steht „Fischsaurierfriedhof“ stimmt nicht mehr ganz: Bei einer großflächig angelegten neuen Grabung sind an der B-10-Trasse in Eislingen auch Teile von Meereskrokodilen, Haien und eines sehr seltenen Schlangenhalssauriers geborgen worden.
Das Medienaufgebot auf Schloss Filseck (Kreis Göppingen) war am Freitag wieder riesengroß. Kein Wunder, denn Kreisarchäologe Dr. Reinhard Rademacher, der Geologie-Student Philipe Havlik und Dr. Michael Montenari von der Uni Tübingen konnten nicht nur ihre Theorie erhärten, dass sich der Eislinger Fischsaurierfriedhof quer durch den Kreis Göppingen zieht. Die Experten präsentierten vielmehr auch bedeutsame neue Funde. Rund 1000 Knochenstücke haben sie in einer fast zweimonatigen Notgrabung auf der B-10-Baustelle ans Tageslicht befördert, dazu kommen rund zwei Tonnen Bodenproben.
Zur Tat geschritten sind die Uni Tübingen und die Kreisarchäologie Mitte Februar, weil am B-10 Projekt wegen einer Planänderung in der Trasse tiefer gegraben werden muss. Davon war auf einer Länge von rund 40 Metern westlich der Brücke Näherhofstraße auch die inzwischen berühmte Eislinger Fundschicht betroffen. Weiter östlich taucht sie in der Tiefe ab. Insgesamt wurden rund 1600 Quadratmeter Boden untersucht. Neben Knochenteilen von Fischsauriern wurden Rumpfwirbel und Schädelknochen eines rund drei Meter langen Meereskrokodils sowie die Flossenstaffel eines rund vier Meter langen Stachelhais geborgen. Ein Glückstreffer war aber der Fund eines Ober- und Unterschenkels eines sehr seltenen Schlangenhalssauriers, der seinem Namen seinem langen Hals verdankt: Auf 100 Fischsaurierfunde kommt maximal ein solches Exemplar. Mindestens eineinhalb Jahre wird es nun dauern, bis diese neuen Funde präpariert sind und dann ausgewertet werden können.
Besonders wertvoll sind die Eislinger Funde nicht nur weil sie dreidimensional erhalten sind und die Schicht, die jetzt noch exakter eingegrenzt werden muss, sich durch den ganzen Kreis zieht. Der Eislinger Urtierfriedhof kann auch die Lebensbedingungen dieser Tiere vor 181 Millionen Jahren erhellen. Nach den bisherigen Untersuchungen könnte das damalige Massensterben durch das Abschmelzen von Methaneisschollen auf dem Grund des Jurameeres verursacht worden sein. Die aufsteigende „eklig stinkende Giftbrühe“ (Methanhydrat) war im Endeffekt tödlich, sagt Michael Montenari. „Was der Auslöser dafür war, wissen wir nicht“. Montenari zählt aber einige Möglichkeiten auf: „Erdbeben, Treibhauseffekt, Absenkung des Meeresspiegels“. Die Auswertung der Ausgrabungen bleibt also eine spannende Sache. 2006 soll das Eislinger Phänomen, „das weltweit als einzigartig anzusehen ist“ (Rademacher) ausgewertet sein.
Autor: Reinhard Krötz
Aus NWZ Göppingen vom 3. 5. 2004